Satellitensysteme in den Bereichen Erdbeobachtung, Navigation und Kommunikation spielen mittlerweile in unserer modernen Gesellschaft eine entscheidende Rolle und unterstützen uns bei nachhaltigen Entwicklungen auf der Erde. So sind beispielsweise Unternehmen aus verschiedenen Branchen auf präzise Geo-Daten von Navigationsdiensten über Satelliten angewiesen, um die Überwachung von Bauvorhaben zu optimieren, Fahrzeuge zu vernetzen oder das Verkehrsmanagement zu verbessern. Erdbeobachtungsdaten helfen Ökostromanbietern und Städten, umweltfreundlicher zu werden – und ermöglichen ihren Einwohnern eine gesündere Lebensweise. Eine Studie des Büros der Vereinten Nationen für Weltraumfragen (UNOOSA) aus dem Jahr 2018 zeigt, dass fast 40 % der 169 Ziele für nachhaltige Entwicklung direkt von der Nutzung von EGNSS- und Copernicus-Diensten profitieren(1).
Bei Raumfahrt- und Satellitentechnologie denkt man aber nicht sofort an Nachhaltigkeit und Effizienz. Tatsächlich scheint es so, als stünde das gesamte Konzept von Aktivitäten mit Weltraumbezug im Gegensatz zu diesen Begriffen, gerade im Hinblick auf die erforderlichen Ressourcen für Weltraumtransport, Satellitenbau oder Raketenstarts. Beim Bau und der Inbetriebnahme neuer Satelliten handelt es sich nach wie vor um einen langwierigen Prozess, für den viele Ressourcen, Arbeitskraft und ein großzügiges finanzielles Budget nötig sind. Hinzu kommt, dass nicht mehr betriebene Satelliten häufig ersetzt werden müssen. Diese Satelliten stellen eine weitere Belastung für die Umwelt dar, weil dafür zusätzliche Ressourcen zum Bau und dem Start von Ersatzsatelliten benötigt werden.
Gleichzeitig gibt es immer weniger Raum im Orbit für neue Satelliten und Satellitensysteme, denn jedes Jahr werden immer mehr Satelliten in den Weltraum befördert. Neben aktiven Satelliten blockieren nicht funktionsfähige Satelliten ansonsten nutzbare Orbits. Leider ist es eine sehr komplexe Aufgabe, diese Satelliten zu entsorgen, was nicht immer möglich ist. Außerdem lassen sich nicht korrekt funktionierende Satelliten nicht leicht reparieren. Wenn Satelliten vorübergehend ausfallen oder wegen technischer Vorfälle (z. B. durch Weltraumschrott verursacht) komplett ausfallen, gehen damit nicht nur wirtschaftliche Verluste der involvierten Organisationen einher. Der Datenverlust dieser Satelliten hat Auswirkungen auf Dienste zur Reaktion auf Notfälle, Sicherheitsagenturen und andere Institutionen auf der Erde und kann negative Folgen haben, da derartige Dienste für ihre täglichen Abläufe auf diese Satelliten angewiesen sind.
Deshalb ist es enorm wichtig, Möglichkeiten zu identifizieren, um existierende Satelliteninfrastrukturen langfristig zu schützen, damit unser Überlebenssystem auf der Erde reibungslos funktioniert. Einer der wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung muss sein, Satelliten nachhaltig zu gestalten und sie so zu bauen, dass sie so lange wie irgend möglich halten. Dazu gehört auch die Einrichtung besonderer Sicherheitsmaßnahmen, damit Hacker keine böswilligen Angriffe starten können. Aber das bedeutet auch, dass wir neue Möglichkeiten finden müssen, um die Satelliten selbst zu schützen, da immer mehr Weltraumschrott im Orbit eine Gefährdung für sie darstellt.
Das deutsche Start-up OKAPI:Orbits geht eben diese Herausforderung mit seiner Software Space Surveillance and Tracking (SST) an, die das steigende Risiko von Zusammenstößen und Unterbrechungen im Orbit senken soll. Diese Lösung gewann bei der ESA BIC Challenge des INNOspace Masters 2019 den 2. Platz und wurde vom Programm für Business Incubation der ESA in Hessen bei der Entwicklung unterstützt. Im Oktober 2020 präsentierte OKAPI:Orbit sein erstes Produkt zur Vermeidung von Zusammenstößen für Satellitenbetreiber auf dem Markt. Dieses junge deutsche Unternehmen leistet mit seiner KI-Software einen wichtigen Beitrag und unterstützt die Entwicklung effizienterer und nachhaltiger Raumfahrtanwendungen, indem es Objekte, die sich bereits im Orbit befinden, vor möglichen Schäden schützt.
Ein anderer Ansatz im Hinblick auf Nachhaltigkeit besteht darin, eine Lösung zur Reparatur beschädigter oder obsoleter Satellitenmodule im Orbit zu finden, statt den gesamten Satelliten zu verlieren oder zu ersetzen. Das nennt man „On-Orbit Servicing“. Das Projekt iBOSS, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR unterstützt wird, konzentriert sich auf die Entwicklung eines intelligenten Modulsystems für eben dieses On-Orbit Servicing und den Montageansatz. Mit Software-Tools lassen sich neue Satelliten konzipieren und simulieren, die in sehr kurzer Zeit startklar sind. Das langfristige Ziel besteht darin, diese Aufgaben Service-Satelliten zu überlassen, was zudem die Effizienz steigern und den erforderlichen Personalaufwand reduzieren würde.
Nachhaltigkeit beinhaltet auch den Einsatz natürlicher Ressourcen und von Energie in einer Weise, die keine negativen Umweltauswirkungen auf der Erde verursacht. Deshalb müssen wir neue und innovative Möglichkeiten finden, die unsere Umwelt weniger belasten. Das kann man entweder dadurch erreichen, dass man Synergien und Kooperationen mit bestehenden Lösungen nutzt, damit weniger neue Satelliten gebraucht werden, oder indem man gewährleistet, dass bei Herstellung und Start neuer Satelliten entlang der gesamten Lieferkette Nachhaltigkeit und ökologische Aspekte berücksichtigt werden.
Im diesjährigen Wettbewerb wirbt der INNOspace Masters um die Einreichung neuer Ideen und Lösungen, die diese Probleme angehen. Dabei kann es sich um neue technische Lösungen für Satelliten handeln, etwa der Einsatz leichterer Materialien, die Bereitstellung höherer Kommunikationssicherheit über Quantum-Verschlüsselung, die Erforschung neuer Systeme zur Energiespeicherung oder der Einsatz künstlicher Intelligenz zur Datenbewertung in Satelliten.
Nicht minder wichtig zum Ausbau der Raumfahrtbranche und der neuen Raumfahrtökonomie auf der Erde ist es, die Effizienz im gesamten Lebenszyklus des Produkts zu steigern. Es ist allerdings keine leichte Aufgabe, im Bereich Raumfahrt die Produktivität zu erhöhen und gleichzeitig Aufwand und Kosten zu minimieren. Man benötigt zahlreiche Teststarts, Tausende Stunden Forschung und unzählige Pilotprojekte, die zwangsläufig zur Raumfahrtbranche gehören, was man allerdings häufig nicht zu sehen bekommt. Und selbst wenn jeder einzelne Akteur Fehlentscheidungen und Sackgassen gerne vermeiden würde, gehören „Trial and Error“ naturgemäß zu Forschung und Entwicklung.
Wie die Gewinner der letzten Jahre beim INNOspace Masters jedoch unter Beweis stellen, gibt es immer Möglichkeiten, die Effizienz in diesem Bereich zu steigern. Das könnte man beispielsweise über die Förderung und Entwicklung von kosteneffektivem Zugriff auf Know-how und Aktivitäten aus der Raumfahrt für Unternehmen und Industrie erreichen. Kleine Satelliten-Launcher sind ein Beispiel dafür, wie dies bereits mit Erfolg geschieht, denn sie ermöglichen kommerziellen Unternehmen, für Satellitenprojekte in kleinerem Umfang kostengünstig auf den Weltraum zugreifen zu können. Aber es gibt noch sehr viel mehr Möglichkeiten, effiziente Lösungen für den Weltraum zu implementieren, etwa die Optimierung von Herstellungsprozessen für Weltraumsysteme, die Erhöhung der Übertragungsgeschwindigkeit großer Datenmengen von Satelliten auf die Erde oder der Einsatz maschineller Intelligenz zur Verarbeitung von Satellitendaten.
Wir freuen uns auf Innovation und Ideen in sämtlichen Entwicklungsphasen. Sie möchten sich mit einer Anwendungsstudie bewerben oder mit einem marktreifen Produkt bzw. Dienst? Bei den Partnern des INNOspace Masters gibt es garantiert die passende Challenge und Unterstützung für potenzielle Gewinner. Wir laden Interessenten aus den Bereichen Forschung und Industrie ein, ihre Vorschläge für den INNOspace Masters 2021/2022 bis 4. Februar 2022 einzureichen.
Wenn Sie sich genauer über die diesjährigen Challenges informieren möchten, nehmen Sie an den interaktiven Webinaren teil, die unsere Wettbewerbspartner vom 6.–16. Dezember 2021 anbieten.
(1) (1) Gemeinsamer Bericht der EU-Weltraumagentu EUPSA (ehemals GSA): „European Global Navigation Satellite System and Copernicus: Supporting the Sustainable Development Goals. Building Blocks towards the 2030 Agenda.“ 2019. https://www.unoosa.org/res/oosadoc/data/documents/2018/stspace/stspace71_0_html/st_space_71E.pdf
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